Kinderurologie

Phimose

Die echte Vorhautenge (Phimose) ist eine relativ seltene Erkrankung. Unbehandelt leidet nur 1 % der Knaben im 15. Lebensjahr unter einer echten Phimose. Viel häufiger findet sich eine Vorhautverklebung (Synechie),  die eine Vorhautenge vortäuscht. Diese Vorhautsynechie ist physiologisch und löst sich mit zunehmendem Alter. Dieser Prozess kann durch das Auftragen von Cortison-Salbe (z. B. 0,1% Betnesol®) beschleunigt werden.

Die Indikation zur Operation ergibt sich

  • zwingend, wenn Vorhautentzündungen (Balanitis) eingetreten sind,

Folgende Operationsmethoden kommen dabei bei uns zur Anwendung:

  • vorhauterhaltende Triple Incision
  • komplette Circumcision

Die Operation wird als ambulanter Eingriff durchgeführt.

Hypospadie und andere Penisfehlbildungen

Bei der Hypospadie kommt es aus ungeklärten Gründen nicht zu einem Verschluss der Harnröhrenrinne, so dass die Harnröhre in unterschiedlichem Ausmaß offen bleibt. In Abhängigkeit vom Ausmaß der Hypospadie kommen bei uns folgende Operationsverfahren zur Anwendung:

  • Tubularisierung der distalen Harnröhre nach Inzision der Urethralplatte (TIP bzw. OP nach Snodgrass)
  • Harnröhrenrekonstruktion mittels Mundschleimhaut
  • zweizeitige Operationsverfahren bei ausgeprägten Hypospadien oder bei Rezidiveingriffen

Hodenhochstand

Der Hoden wandert während der Schwangerschaft aus dem hinteren Bauchraum durch den Leistenkanal in den Hodensack (Descensus testis). Nicht in allen Fällen tritt dieses Tiefertreten ein. So haben 30 % der Frühgeborenen, 3 % der Neugeborenen und 1 % der 6 Monate alten Kinder einen Hodenhochstand. Nach dem 6. Monat ist ein spontanes Tiefertreten des Hoden nicht mehr zu erwarten. Je nach Lage unterscheidet man

  • Bauchhoden Hoden
    liegt hoch im Bauchraum, nur durch Bauchspiegelung (Laparoskopie) beweisbar
  • Leistenhoden Hoden
    liegt im Leistenkanal, durch Tasten feststellbar.
  • Gleithoden Hoden
    liegt im Leistenkanal und kann kurzfristig in den Hodensack gezogen werden, bleibt dort aber nicht liegen
  • Pendelhoden Hoden
    liegt häufig im Leistenkanal, kann aber in den Hodensack gezogen werden und bleibt dort auch liegen.

Durch Hormongabe (GnRH-Nasenspray) kann versucht werden, bei Hodenhochstand ein Tiefertreten des Hodens zu erreichen. Dies ist aber nur in 10 – 20 % der Fälle erfolgreich.

Folgende operative Methoden werden bei uns durchgeführt:

  • Orchidofunikulolyse und Orchidopexie bei Gleit- und Leistenhoden
  • laparoskopische Hodensuche bei nicht-tastbarem Hoden (Kryptorchismus)
  • 2-zeitiges laparoskopisches Fowler-Stephen-Verfahren bei Bauchhoden


Abb.: Laparoskopie mit Nachweis eines Bauchhodens am inneren Leistenring

Die Therapie eines Hodenhochstandes sollte bis zum Ende des 1. Lebensjahres abgeschlossen sein, um Schädigungen des Hodengewebes zu vermeiden.

vesikorenaler Reflux

Normalerweise kann Urin nicht mehr aus der Harnblase in die Nieren zurückfließen. Dieser Verschlussmechanismus kann durch angeborene oder erworbene Veränderungen an der Einmündungsstelle der Harnleiter in die Harnblase (vesikoureteraler Übergang) gestört sein. Es kommt dann zum Hochsteigen von Urin aus der Harnblase in die Nieren (vesikorenaler Reflux). In Kombination mit Harnwegsentzündungen führt der vesikorenale Reflux zur Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis) mit der nachfolgenden Ausbildung von Nierennarben und Nierenfunktionsschäden. Abhängig vom Refluxgrad kann ein vesikorenaler Reflux durch Reifungsprozesse mit Größenzunahme der Harnblase ausheilen (Refluxmaturation).


Abb.: Einteilung des vesikorenalen Reflux: Reflux I° (vesikoureteraler Reflux – links) bis Reflux V° mit erheblicher Aufweitung des Harnleiters und der Niere (rechts)

Konservative Therapieverfahren umfassen

  • die Antibiotika-Langzeitprophylaxe bis zur Refluxmaturation
  • die patienten-initiierte Akuttherapie bei Hinweisen auf Harnwegsinfekte

Eine operative Korrektur wird notwendig bei fehlender Spontanmaturation oder bei Durchbruchinfektionen unter Antibiotika-Langzeitprophylaxe.

Folgende Operationsverfahren kommen bei uns zur Anwendung

  • endoskopische Refluxkorrektur durch Unterspritzung der Harnleitermündung mit Zuckerkristallen (Deflux®) bei Reflux I°-III°
  • Operation nach Lich-Gregoir bei einseitigem Reflux Grad IV° und V°
  • Operation nach Cohen bei beidseitigem Reflux Grad IV° und V°

Harnleiterabgangsengen und Megaureter

Harnleiterabgangesengen und obstruktive Megaureteren führen zu einer Harnabflussstörung aus der Niere und damit mittelfristig zu Nierenfunktionsstörungen. Die Diagnose wird heute häufig bereits vor der Geburt bei den sonographischen Kontrollen während der Schwangerschaft oder nach der Geburt bei den Vorsorgeuntersuchungen der Kinder gestellt.

 
Abb.: Angeborene Nierenbeckenerweiterung

Nach sonographischer Feststellung einer Nierenaufweitung erfolgt eine weitere Diagnostik mittels nuklearmedizinischer Untersuchungsverfahren (MAG-3-Clearance). Dies ist notwenig, da nicht jede sonographisch sichtbare Aufweitung des kindlichen Harntraktes mit einer signifikanten Harnabflussstörung einhergehen muss. Ist die Harnabflussstörung bewiesen, so erfolgt die operative Korrektur des Harnleiterabgangs (Nierenbeckenplastik) oder der Harnleitereinmündungsstelle (Harnleiterneueinpflanzung).

Neurogene Blasenfunktionsstörungen

Unter einer neurogenen Blasenfunktionsstörung versteht man Störungen der Urinspeicherung und der Urinentleerung aus der Harnblase aufgrund von angeborenen oder erworbenen Nervenstörungen (z.B. bei Meningomyelocele = Spina bifida). Diese Blasenfunktionsstörungen führen unbehandelt zu Nierenfunktionsstörungen und letztlich zur Niereninsuffizienz. Die Therapie der neurogenen Blasenentleerungsstörung richtet sich nach dem Muster der neurogenen Störung und kann folgende therapeutische Schritte umfassen:

  • sauberer intermittierender Einmalkatheterismus bei Restharnbildung
  • medikamentöse Blasendämpfung bei überaktiver Blase mit unwillkürlichem Harnverlust
  • intravesikale Botulinum-Injektion bei medikamentös nicht beherrschbarer überaktiver Blase
  • operative Blasenvergrößerungsplastik oder Blasenersatzplastik bei konservativ nicht beherrschbaren Störungen.

Die Therapieplanung bedarf der engen Kooperation aller beteiligten Fachdisziplinen, insbesondere von Kinderheilkunde, Neurochirurgie, Orthopädie und Urologie. 

Enuresis

Kinder erlernen im Laufe der ersten Lebensjahre die Kontrolle über die ihre Blasenfunktion. Mit 5 Jahren sind ca. 85 % der Kinder tags und nachts trocken. Nässt ein Kind nach diesem Zeitraum noch regelmäßig ein so spricht man von Enuresis oder kindlicher Harninkontinenz. Unterschieden werden müssen dabei

  • das isolierte Einnässen in der Nacht (monosymptomatische Enuresis)
  • die kindliche Harninkontinenz bei zusätzlichen Hinweisen auf Miktionsstörungen am Tag (Einnässen am Tag, Haltemanöver etc.)

Die Diagnostik bei Enuresis umfasst

  • das Führen eines Miktionskalenders
  • die körperliche Untersuchung
  • die Sonographie von Blase und Harnblase
  • die Harnstrahlmessung
  • ggf. die weiterführende urodynamische Untersuchung (Blasendruckmessung)
  • ggf. eine neurologische Abklärung bei V.a. neurologische Grunderkrankung

Folgende Therapiemaßnahmen sind möglich

  • Urotherapie (Miktionstraining = Basistherapie)
  • Konditionierungstraining bei monosymptomatischer Enuresis (Klingelhose)
  • anticholinerge Medikation bei Detrusorüberfunktion
  • ADH-Medikation bei monosymptomatischer Enuresis




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Gerhard Zöller

Prof. Dr. med. Gerhard Zöller
Tel. 06621 / 88 1952
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Urologie und Kinderurologie


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