Tumortherapie

Im Nachfolgenden geben wir einen Überblick über die von uns behandelten urologischen Tumoren und über die von uns angewendeten Diagnose- und Therapieverfahren.

Prostatakrebs

Im Rahmen der Abklärung bei Verdacht auf Prostatakarzinom, lokal begrenztes Prostatakarzinom oder metastasiertes Prostatakarzinom bieten wir folgende diagnostische Verfahren an:

Basisdiagnostik bei Verdacht auf Prostatakarzinom

  • digitorektale Untersuchung und PSA-Bestimmung
  • transrektale Sonographie

Erweiterte diagnostische Maßnahmen bei Verdacht auf Prostatakarzinom

  • multiparametrische Kernspintomographie der Prostata
  • transrektale 12-Stanzen-Biopsie
  • perineale Bildfusionsbiopsie nach multiparametrischer Kernspintomographie

Erweiterte diagnostische Maßnahmen bei V.a. metastasiertes Prostatakarzinom

  • Skelettszintigraphie
  • Computertomographie
  • PMSA-PET-CT (in Kooperation mit Klinikum Fulda)

Bei Vorliegen eines Prostatakarzinoms werden von uns folgende Therapiemethoden angeboten:

Lokoregionär begrenztes Tumorstadium

Low-risk Tumor (PSA ≤ 10 ng/ml, Gleason-Score ≤ 3+3=6, ≤ 2 von 12 Stanzbiopsien positiv

  • active surveillance
  • radikale retropubische Prostatektomie (nervenprotektiv)
  • IMRT-Strahlentherapie (in Kooperation mit der Klinik für Radioonkologie Fulda)

Intermediate-risk-Tumor (PSA 10-20, Gleason-Score = 7)

  • radikale retropubische Prostatektomie (ggf. nervenprotektiv)
  • IMRT-Strahlentherapie (in Kooperation mit der Klinik für Radioonkologie Fulda), in Kombination mit einer 6-monatigen Hormontherapie

High-risk Tumor (PSA > 20, Gleason-Score ≥ 8)

  • radikale retropubische Prostatektomie
  • IMRT-Strahlentherapie (in Kooperation mit der Klinik für Radioonkologie Fulda), in Kombination mit einer 3-jährigen Hormontherapie

Metastasiertes Tumorstadium

  • antiandrogene Therapie (medikamentös oder operativ)
  • 1.-Linie-Hormontherapie mit Abiraterone oder Enzalutamid
  • 1.-Linie Chemotherapie mit Docetaxel
  • 2. Linie Chemotherapie mit Cabazitaxel
  • ggf. die primäre Hormon-Chemotherapie in ausgewählten Situationen
  • ggf. Palliativtherapie (in Kooperation mit unserer Palliativstation und dem Palliativteam Waldhessen)                                         

Harnblasentumoren

Bei Blut im Urin (Hämaturie) ist eine weiterführende Diagnostik zum Ausschluss eines Blasentumors zwingend notwendig. Die Diagnostik umfasst:

  1. Blasenspiegelung (Zystoskopie in Propofol-Analgosedierung)
  2. erweiterte Bildgebung bei lokal fortgeschrittenem Tumorstadium mittels
  • Computertomographie
  • Skelettszintigraphie

Abb.: Endoskopische Bilder eines papilären und eines ausgedehnten Blasentumors

Die Therapie beginnt mit der transurethralen Resektion des Tumors, die zum einen die Tumordiagnose sichert, zum anderen durch die Tumorklassifikation wegweisend für die weitere Therapieplanung ist.

Oberflächlich wachsender Tumor (pTis, pTa oder pT1)

  • transurethrale Resektion, ggf. mit Nachresektion nach 4 Wochen
  • intravesikale Chemotherapie mit Mitomycin oder BCG

Muskelinvasiv-wachsender Tumor (≥ pT2a)

  • radikale Zystektomie mit Harnableitung (in Abhängigkeit von Tumorstadium, Allgemeinzustand und Alter der Patienten)
  • Ureter-Haut-Fistel
  • Ileum conduit
  • Ileumneoblase

Metastasiertes Tumorleiden

  • systemische Chemotherapie mit Gemcitaine/cis-Platin (first line)
  • PD1-/PDL1-Immuntherapie (Azetozilumab, Pembrolizumab) (second line)

Nierenzellkarzinom

Die Diagnose wird heute oft zufällig bei Ultraschall- oder Röntgenuntersuchungen gestellt. Nur noch selten führen klinische Symptome wie blutiger Urin oder Schmerzen zur Diagnosestellung.


Abb.: Kernspintomographie eines großen Unterpoltumors der linken Niere

Die Diagnostik umfasst bei uns

  • die Sonographie des Bauchraums,
  • die Computertomograpie oder Kernspintomographie des Bauchraums
  • die Computertomographie der Lunge bei Nierentumoren > 3 cm Größe
  • ggf. die Kernspintomographie des Kopfes bei V.a. Hirnmetastasen

Im nicht metastasierten Tumorstadium wird durch die operative Entfernung des Tumors eine Heilung erreicht. Folgende Operationsverfahren werden von uns angeboten:

  • Retroperitoneale Nierenteilresektion bei Nierentumor bis 7 cm Größe (pT1-Tumoren)
  • Retroperitoneale Nephrektomie
  • Transperitoneale Nephrektomie bei großen Nierentumoren oder bei Tumoreinbruch in die Nierenvene oder in die große Hohlvene

Beim metastasierten Nierenzellkarzinom sieht die Leitlinie aktuell folgende Reihenfolge vor:

  • Pembrolizumab (PD1-Hemmer) x Axitinib (Tyrosinkinasehemmer)
  • Cabozantinib (Multi-Tyrosinkinasehmmer)
  • Sunitinib (Tyrosinkinasehmmer)
  • Nivolumab (PD1-Hemmer)

Bei Vorliegen von Metastasen bieten wir die zielgerichtet Tumortherapie mit folgenden Medikamenten an:

  • Tyrosinkinase-Inhibitoren (Sunitinib, Pazopanib)
  • Multi-Tyrosinkinase-Inhibitoren (Cabozantinib)
  • PD1-Inhibitoren (Nivolumab)
  • Pembrolizumab + Axitinib (first line)
  • Cabozantinib, Sunitinib (second line)

Ggf. muss hier bei primär metastasiertem Tumorleiden die Tumordiagnose durch eine perkutane Biopsie des Nierentumors oder einer Metastase gesichert werden.

Hodentumoren

Im jungen Erwachsenenalter ist der Hodentumor der häufigste Organtumor. Jeder tastbare Knoten im Hoden ist tumorverdächtig

Die Diagnostik des Hodentumors umfasst neben der Hodenpalpation

  • die Sonographie des Hodens
  • die Bestimmung der Tumormarker AFP und β-HCG
  • sowie bei nachgewiesenem Hodentumor die Umfelddiagnostik mittels Computertomographie des Bauchraums und der Lunge.


Abb.: Große inhomogene Raumforderung im Hoden

Die Therapie umfasst bei uns

  • die Hodenfreilegung mit Diagnosesicherung durch intraoperative Schnell-schnittuntersuchung
  • die Hodenentfernung bei nachgewiesenem Hodentumor
  • die Hodenbiospie der Gegenseite bei Vorliegen von Risikofaktoren (Alter < 40 Jahren, Hodenvolumen < 12 ml, Z.n. Hodenhochstand)

Das weitere Vorgehen richtet sich dann nach dem vorliegenden Tumortyp und der Tumorausbreitung in der Umfelddiagnostik:

Nicht-Seminom

Klinisches Stadium 1 (keine Metastasen)

niedriges Risiko
(pT1, keine Lymphgefäß oder Blutgefäßinvasion, Embryonalzellanteil < 50 % Progressionsmarker MIB-1 > 70 % (Progressrisiko 10 %)

  • active surveillance
  • alternativ 1 Zyklus Chemotherapie mit Cisplatin, Etoposid und Bleomycin (PEB)

sonst erhöhtes Risiko            

  • 1 x PEB (Rezidivhäufigkeit 3,5 %)
    oder active surveillance (Progressionsrisiko 40 – 50 %)

bei gleicher Heilungschance bei beiden Vorgehensweisen.

Persistierend erhöhte Tumormarker

  • Kontrolle bis Markerprogression

Klinisches Stadium 2a (retroperitoneale Lymphknotenvergrößerung < 2 cm)

  • Kontroll-Computertomographie nach 6 Wochen
  • alternativ: retroperitoneale Lymphknotenentfernung

Klinisches Stadium 2b und höher (retroperitoneale Lymphknotenmetastasen > 2 cm oder Fernmetastasen)

  • 3 – 4 Zyklen Chemotherapie mit
  • anschließender operativer Entfernung von Resttumoren (retroperitoneale Lymphknotenentfernung, Resektion von Restbefunden z.B. in der Lunge)

Seminom

Klinisches Stadium 1 (keine Metastasen)

  • Surveillance primäre Therapie der Wahl !!!                        Progressrate 6 %
  • Alternativ: einmalige Gabe von Carboplatin (AUC 7),        Progressrate 3 - 4%

Klinisches Stadium 2a (retroperitoneale Lymphvergrößerung bis 2 cm)

  • Radiotherapie paraaortal + ipsilateral mit 30 Gy
  • alternativ 3 x PEB-Chemotherapie

Klinisches Stadium 2b (retroperitoneale Lymphknotenvergößerung bis 5 cm)

  • Radiotherapie paraaortal + ipsilateral mit 36 Gy
  • alternativ 3 x PEB-Chemotherapie

Klinisches Stadium 2c und höher (retroperitoneale Lymphknotenmetastasen > 5 cm oder Fernmetastasen)

  • 3 x PEB-Chemotherapie
  • PET-CT bei Residualtumoren
  • und weitere klinische Kontrolle

Auch weit fortgeschrittene Tumoren mit ausgedehnten Metastasen lassen sich dabei durch die Kombination aus Chemotherapie und Operationen noch heilen. 


Abb.: Große Lymphknotenmetastase retroperitoneal (oben), nach Chemotherapie (mittig) und 5 Jahre nach retroperitonealer Lymphadenektomie von Resttumorgewebe (unten)

Peniskarzinom

Peniskarzinome fallen durch die tumorösen Veränderungen am Penis oder an der Vorhaut auf.

Die Diagnostik umfasst zunächst die

  • Exzision des Lokalbefundes

zur Diagnosesicherung. Ist der Tumor klein, so kann durch die lokale Exzision bereits eine Heilung erreicht werden. Bei weiter fortgeschrittenem lokalen Tumorstadium und wenn die lokale Exzision nicht mehr möglich führen wir zur kosmetischen Rekonstruktion des Penis folgende Operationsverfahren durch:

  • pTis-Tumoren der Glans penis; Depithelialisierung der Glans mit Glansresurfacing durch Vollhauttransplantation
  • Penisteilamputation mit Neoglans-Bildung durch Vollhauttransplantation
  • Penektomie bei weit fortgeschrittenen Tumorstadien

Die Ausbreitungsdiagnostik umfasst die Computertomographie des Bauchraums. Bei nicht vergrößerten Lymphknoten erfolgt ab einem Tumorstadium pT1G2 wegen eines erhöhten Metastasierungsrisikos von ca. 25 % die

  • dynamische Sentinelnode-Biopsie der Leistenlymphknoten

Hierbei wird an die Penisbasis radioaktiv-markiertes Technetium injziert. Die Lymph-abflusswege aus dem Penis können dann mit einer Gamma-Kamera intraoperativ entdeckt werden. Die Wächter-Lymphknoten, in denen am ehesten Metastasen erwartet werden (sentinelnodes), werden dann selektiv entfernt. Diese Untersuchung erfolgt in Kooperation mit unserer Nuklearmedizinischen Klinik.

Bei Lymphknotenmetasasen erfolgt die

  • komplette inguinale Lymphknotenentfernung
  • ggf. die Entfernung von Lymphknoten aus dem Beckenbereich.

Bei fortgeschrittener Metastasierung sind die Heilungschancen schlecht. Es erfolgt eine Polychemotherapie z.B. mit Cisplatin, Methotrexat und Bleomycin.